Montag, 29. November 2010

Gutenachtgeschichte vor dem Feierabend.

 

Eine Gutenachtgeschichte bevor es dunkel wird und nur der frisch gefallene Schnee bläulich in der Nacht schimmert. Viktorianisch angehauchtes, leicht unheilvolles Sedativum; schlicht und fragil: Genau so wie ich es mag.

Rückblick auf einen Schlachtplan.


Ein Jahr ist es nun her, dass unsere ganze Energie und Kreativität für das wohl abwegigste, durchschnittlichste, nutzloseste und unbegehrenswerteste Printprodukt überhaupt gefordert wurde: Einen Kalender! Lieber hätte ich Beipackzettel für die Pharma-Industrie gestaltet, als einen Wandschmuck, der seit der Erfindung von iPad-Pod-Phone-Kalendarien seiner Blütezeit verwelkt hinterher trauert. Doch soll man sich ja hin und wieder den bitteren Herausforderungen des Lebens stellen. Und siehe da: Vielleicht kann aus Abneigung doch Liebe erwachsen. Was innerhalb einer Woche auf den hauseigenen Skizzenzettel und anschliessend während (nur!) vier Wochen in der Abgeschiedenheit eines Fotostudios entstanden ist, darf fortan - allen Vorbehalten zum Trotz - auch eine meiner Wände zieren. Die Rezeptur ist denkbar einfach: Man nehme zwei leicht exzentrische Designer, einen nervenstarken, schlaflos-passionierten Fotografen und 19 wild aus einem Facebook-Aufruf zusammengetragene Models ohne Modelerfahrung, verfeinere das ganze mit einer Prise Rembrandt, Rammstein und Harley Davidson und lichte es sekundenschnell im richtigen Augenblick ab. Et voilà: Der «Schlachtplan» steht - und wie!

Noch für kurze Zeit mit allen zwölf Sujets zu geniessen unter:

Ein «French Lover» ist eingetroffen.


Wenn der Postbote zweimal klingelt, kann dies auch gutes bedeuten! Das frühe Erwachen wurde heute Morgen mit einem wundervollen Duft belohnt. Seit Jahren war ich auf der Suche nach einem Wässerchen, das einzigartig, elegant und perfekt auf mich und meine etwas eigentümliche Lebensart zugeschnitten ist. Allein der unerschütterliche Wunsch nach einem Parfum, das garantiert nicht so wie all die Davidoffs, Armanis, D&Gs und Azzaros auf den Strassen dieser Welt riecht, setzte eine beherzte Abkehr von den gängigen Marken und eine Hinwendung zur Exklusivität voraus. Meine Abneigung gegenüber allen, gemeinhin für typisch männlich geltenden Duftnoten wie Zitrusfrüchte, Leder, Tabak, Hölzer oder Moschus, trieb eine ganze Armee von Parfümerie-Verkäuferinnen in schiere Verzweiflung und Ratlosigkeit.

Doch an einem nebligen Herbst-Vormittag in der Altstadt von Basel, kam endlich der langersehnte Augenblick der olfaktorischen Erleuchtung und seither ziert mich «French Lover» von Pierre Bourdon aus den «Editions de Parfums Frederic Malle». Seit dem Jahr 2000, bietet Frederic Malle ambitionierten und kreativen Parfümeuren die Chance, fernab des üblichen Duftwässerchen-Mainstreams mit seiner etwas anspruchslosen Käuferschar, einzigartiges und unkonventionelles für Nasen zu kreieren, die Überraschungen mit Ecken und Kanten lieben. Obwohl die offiziellen Beschreibungen von «French Lover» so gar nicht verführerisch auf mich wirkten, war es Liebe auf das erste Schnüffeln. An mir entfaltete sich eine konzentrierte, kunstvoll abgestimmte Duftfülle, die ich in dieser Kombination so noch nie gerochen und dennoch sofort zur meinigen erklärt habe. Die Suche ist erfolgreich abgeschlossen: Ich werde Bourdon treu ergeben bleiben.

Samstag, 27. November 2010

Ein Morgenkaffee im frühen Bern


Für einen Samstag noch mitten in der Nacht (10:45 Uhr), wagen Bluebell und ich den Besuch eines Cafès in der Altstadt, um mit Cappuccino und Gipfeli die Geister der Nacht zu vertreiben. Mit dem Blick gegen den Himmel in den Innenhof, hat sich das frühe Aufstehen bereits gelohnt.

Freitag, 26. November 2010

Die Schweiz in weisser Weste.


Ganz heimlich und leise ist er gekommen – der erste Schnee des Winters! Ein Morgenspaziergang durch das stille und noch unberührte Weiss ist Balsam für aufgekratzte Sinne. Einmal tief die reingewaschene, kühle Luft einatmen, unter einen Zweig stehen und sich Eiskristalle auf die Stirn rieseln lassen und sich dann auf die süsse Milde eines dampfend-warmen Darjeelings freuen – ach die Welt ist doch einfach wunderbar! Sie macht sich gut, die Schweiz in weisser Weste...

Donnerstag, 25. November 2010

Ein kleiner Leckerbissen aus den 80ern.

 

Musikvideos der 80er waren häufig keine Augenschmeichler. Zum Glück gab und gibt es erfreuliche Ausnahmen. Noch schöner, wenn mir die bebilderte Musik auch heute noch einen kalten Schauer über den Rücken streichen lässt. «The Chauffeur» ist kein plumper und überbunter Versuch vermeintlicher Videokunst, sondern ein lasziv präsentierter, minimal verruchter Champagner Truffe. Für den «Agent Provocateur» unter uns und für all jene, die bereits als Teenager etwas Geschmack besassen.
Duran Duran «The Chauffeur» (Rio, 1982)
Original / Uncensored

Mittwoch, 24. November 2010

Marktfrische Stillleben.


Man sollte nie mit hungrigem Magen einkaufen gehen. Dies gilt auch für Beutezüge in Buchhandlungen. Aber was soll ich denn auch machen? Hier geriet mir ein Wunderwerk in die Hände von dem ich nicht mehr lassen konnte. Die Fotografin und Künstlerin Vera Mercer drapiert eine berauschende Bilderwelt aus dem, was sie sich auf ihren Spaziergängen durch die schummerig beleuchteten, altersschwachen aber lebenslauten Markthallen dieser Welt für ihre heimische Tafel in den Korb gelegt hat. Als Frau von Daniel Spoerri mit künstlerischem Blick und gastronomischer Erfahrung ausgestattet, haucht sie ihren Arrangements die morbid-romantische Atmosphäre der Stillleben des 17. und 18. Jahrhunderts ein. Für einmal muss man sehr genau hinsehen, um sich davon zu überzeugen, dass hier nicht mit Pinsel und Ölfarbe sondern mit dem Auslöser der Kamera gearbeitet wurde.

Montag, 22. November 2010

Nuno Tavares: Kleine Albträume für den Sekundenschlaf.


Schnecken im Nebel und Schnee



Das letzte Wochenende in den Berner Alpen bot einen passenden Rahmen, um dem sich schon heimlich ankündigenden Winter dieses Jahres einen würdigen Empfang zu bereiten. Damit die Zeit bis zum fotogenen Abendnebel sinnvoll genutzt werden konnte, wurde die Küche umgehend in ein Schneckenkoch-Versuchslaboratorium umfunktioniert. Das Resultat - in Form von zwei Dutzend Weinbergschnecken, in vier Pfännchen serviert - war bahnbrechend schmackhaft und schreit lauthals nach einer Wiederholung. Ein in der minutiös durchgeführten Versuchsreihe durch M&M entwickeltes, einzigartiges Kräuterbutter-Rezept, wird im lange geplanten Gastro-Führer «Der Schneckenesser» der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Mittwoch, 17. November 2010

Ein haariges Prachtwerk


Vielleicht liegt es ja an meinen unübersehbaren Geheimratsecken, dass sich in mir - beinahe unbemerkt - eine Liebe zu Fremdhaar entwickelt hat. Insbesondere wenn aus alten Zöpfen kunstvolle Erinnerungsstücke geschaffen werden. So bin ich zufällig über dieses Prachtwerk aus Menschenhaar gestolpert und einmal mehr tief beeindruckt. Haarbilder waren im 19. Jahrhundert eine durchaus populäre Form des Andenkens an eine geliebte Person und an wichtige Ereignisse wie Taufe, Hochzeit und Trauer. Das abgebildete Exemplar stammt aus dem Jahr 1851 und ist eine besonders elegante Arbeit, die wunderbar beweist, dass vermeintlich morbides durchaus einen hohen ästhetischen Wert haben kann.

Man reinige Bürste und Kamm und werde kreativ!

Mehr dazu via: Art of Mourning 

Zwischen Sense und Schwarzwasser


Ein Novemberspaziergang, im Licht der Dämmerung, zusammen mit Bluebell.
Sehr dunkel, sehr feucht, sehr einsam, sehr inspirierend.

Montag, 15. November 2010

Die eigenen Sinne beflügeln.


Weshalb muss Schönheit gesellschaftsfähig sein? Weshalb wird Sinnlichkeit stets mit Erotik, Sonnenuntergängen, Candlelight Dinner oder rosenroten Blumengaben gleichgesetzt? Weshalb gibt es Mode, Musik und Parfums für den Massengeschmack und wer will Massengeschmack leben? Erhebt denn nicht jede und jeder den Anspruch ein einzigartiges Individum zu sein und auch als solches wahrgenommen zu werden?

Es gibt andere Seiten der Schönheit und des Sinnlichen. Sehr persönliche. Doppelt- und mehrfach deutbare, scheinbar triviale und doch abgründige. Sie begegnen uns überall und jederzeit. Egal ob wir wach oder träumend sind. Oft braucht es nur die Konzentration auf das, was man nicht sucht, den Wunsch nach Eingrenzung des weiten Horizontes und den grossen Blick fürs kleine Detail. Ab hier und an dieser Stelle öffnet sich mein persönlicher Blick, Horizont und die Deutung dessen, was es Wert war, ist oder vielleicht auch sein wird mein Leben zu bewegen.