Dienstag, 27. September 2011

Etwas Eitelkeit schadet nicht.


Manchmal ist - trotz aller Bescheidenheit - der Moment gegeben, sich ein kleines Denkmal zu setzen. Schliesslich ist nichts unvergänglich und auch die wundervollste «Blüte der Jugend» wird irgendwann von den kleinen, verräterischen Flecken und Fältchen des Alterns heimgesucht. Bevor sich also das Kinn zu duplizieren beginnt und die Haarpracht bereitwillig einer wachsenden Stirn Platz macht, sollte der noch ansehnliche Status Quo für sich und die Nachwelt festgehalten werden.

Wer behauptet, von der Seite fotografiert sehe der Mensch appetitlich aus, lügt wie gedruckt. Bleibt also nur die gute alte Porträtmalerei oder das im Schattenwurf erfasste Silhouetten-Bild. Letzteres ist so liebenswert «old fashioned», dass ich mich nicht lange zierte und Tusche, Pinsel und Feder zur Hand nahm. Das Nachahmen unserer Umrisse wurde zu einem meditativen Zeitvertreib mit einer durchaus romantischen Note. Mit feinen Pinselstrichen das Gesicht seiner Liebsten entstehen zu sehen, kann - vorausgesetzt die Arbeit gelingt - ein sinnliches Erlebnis sein. 

Et voilà – Bluebell & me in Tusche auf altem Papier.

Freitag, 16. September 2011

Drei Lieblinge für Schlaflose.


{1}


{2}


{3}

Es gibt Nächte in denen man sich unruhig wälzt und einfach keinen Schlaf findet. Momente in denen man sich mit schweren Augenlidern durch Fernsehwelten zappt und sich schliesslich wegen eines kurzen Augenblicks, einem magischen Bild oder weniger Töne einer Melodie, plötzlich in einem Film wiederfindet und diesen – vielleicht – niemals wieder richtig verlassen wird. 3 kleine Beispiele bei denen es mir so ergangen ist. 3 kleine Wunderwerke, 3 kleine Lieblinge, die ich immer wieder gerne sehen und nie vergessen werde.

{1} Arcana (1972) – Giulio Questi
{2} Le locataire – Roman Polanski (der wunderbare Soundtrack stammt von Philippe Sarde)
{3} Sayat nova – Sergei Paradschanow

Donnerstag, 15. September 2011

«I hate perfume»


Der milchsüsse Hauch frisch gefallenen Schnees in einer Winternacht, die Schwere von Leder und abgestandenem Pfeifenrauch im Arbeitszimmer meiner Eltern, eine Nase voll Fliederblüten oder moosig-pilziger Feuchte aus dem kühlen Herbstwald; Duftklassiker wie gerösteter Kaffee, eine gerade geöffnete Schokolade, frisch gewaschene Leintücher oder zerlassene Butter in der Bratpfanne – dies eine nur lückenhafte Sammlung von Gerüchen die mich jederzeit, an jedem Ort und ohne Vorwarnung in eine olfaktorische Euphorie versetzen. Ähnlich wie Musik – findet ein bestimmter Duft sofort Zugang in längst vergessene Archive unserer Erinnerung, spült Bilderfluten und Geschichten vor das geistige Auge und kann unhaltbar einen Zustand angenehmer Melancholie verursachen.
Doch wer sich durch die Regalschluchten einer Parfümerieabteilung kämpft, sucht vergeblich nach Kreationen die uns traumwandeln lassen. Mit klingenden Namen auf wundervollen Fläschchen werden wir in ein fantasieloses Korsett immer gleicher Geruchskombinationen gezwängt. Als ob die Welt ausschliesslich nach Zitrusfrüchten, Zeder- und Sandelholz, Vanille-Puder, Ylang-Ylang-Blüten und Moschus zu riechen hat.

Doch dem Himmel sei Dank: Inzwischen braucht man kein autodidaktischer Grenouille mehr zu sein, um die flüchtigen Duftnoten bestimmter Momente unseres Lebens einzufangen und zu konservieren. Gestern bin ich zufällig auf die folgenden Beschreibungen zu Nasenschmeichlern eines amerikanischen Parfumeurs gestossen:

Perfume No. 102
Winter 1972
«A field of untouched new fallen snow, hand knit woolen mittens covered with frost, 
a hint of frozen forest & sleeping earth»

∞∞∞

Perfume No. 104
Greenbriar 1968
«A memory of my Grandfather ... Blended with sawdust, fresh cut hay, worn leather work gloves, 
pipe tobacco and a healthy amount of dirt»

∞∞∞

Perfume No. 301
Mr. Hulot's Holiday
«The salty breath of the breeze of the Mediterranean, driftwood, rocks covered with seaweed 
and the smell of old leather suitcases»

∞∞∞

Perfume No. 403
M3 November
«Pumpkin pie, fallen apples, bonfire, wood smoke, dried grass, fallen leaves, wet branches, damp moss, chanterelle mushrooms and a hint of pine forest»

Ich verstumme in Bewunderung und werde meine Neugier hoffnungsvoll und sofort mit einem Testkauf befriedigen. Endlich hat jemand begriffen, dass Riechwässerchen viel mehr bewirken sollten, als nur die körpereigenen Ausdünstungen zu übertönen.

In grosser Vorfreude auf eine Schnupper-Traumreise und für alle die es mir gleich tun wollen: