Wer mich in meiner Kindheit fragte, was ich denn als Grosser sein möchte, bekam nicht den üblichen Piloten, Schaffner oder Geheimagenten zur Antwort. Ich wollte immer ein Apotheker werden. Wollte Kräuter mörsern, Pillen pressen und wundersame Tinkturen aus den unendlich vielen, geheimnisvoll beschrifteten Fläschchen mischen.
Heute bin ich Grafiker. Nicht dass mich dies schmerzt – auch wenn ich mich immer noch in Tagträumen hinter einem alten Tresen stehend Arzneimittel verkaufen sehe. Nein, meine Berufswahl nenne ich ein notwendiges Übel, denn etwas anderes konnte und kann ich nicht und bin damit zufrieden.
Doch hin und wieder zwingt uns das Schicksal, die Dinge im Leben neu zu ordnen und zu benennen. Bei mir war es das Ende einer Geschäftsbeziehung. Der erzwungene Bruch im Komfortablen und Gewohnten des immer gleichen Alltages. Ich sass an meinem Arbeitsplatz und war plötzlich alleine – alleine in Mitten einer unverhofften Stille mit ungewisser Zukunft. Ich schloss die Augen und suchte mich zu orientieren, Zuversicht und einen Weg zu finden. Und ja, manchmal treten überraschend für nicht lebenstauglich gehaltene Sehnsüchte, strahlend aus dem Schatten des vermeintlich Vergessenen und verschmelzen in spielerischer Leichtigkeit mit der Realität. Vor mir entstand das Bild eines Ateliers, das gleichzeitig zur Apotheke, Werkstatt, Teestube, Opiumhöhle – zum Lesesalon, Kuriositätenkabinett, Museum und Labor wurde. In traumwandlerischer Selbstverständlichkeit, vereinte sich der Grafiker mit dem Arzneimischer hinter dem Tresen. Was bisher unmöglich erschien, wurde nun zum harmonischen Ganzen, einzig Wahren und Logischen. Wir müssen uns nur tagtäglich ehrlich und mutig mit dem umgeben, was uns seit jeher bewegt, für uns steht, uns ausmacht – so kann ein Gestalter auch zum Apotheker werden und eine Veränderung im Leben zur neuen, berauschenden Bühne.
Mein Arbeitsplatz befindet sich nun im Umbau.
Bilder folgen...
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