Ach, wo fange ich nur an? In diesem Moor wurde ich wiedergeboren. Das liest sich etwas gar pathetisch – ist aber so. Der Schweizer kennt nur die Enge der Alpen und des zersiedelten Mittellandes. Von menschenleerer Weite besitzen wir erst dann eine Vorstellung, wenn wir über den Tellerrand unserer kleinen Heimat blicken. Ich wusste nicht, dass man vor Begeisterung schockiert sein kann. Doch als ich während meines ersten Besuches in der Grafschaft Devon ohne Vorwarnung aus den dichten Hedges in einen endlosen, wolkenverhangenen Horizont gespuckt wurde und ich mich plötzlich in einer kargen aber unwirklich grosszügigen Landschaft wieder fand, war ich augenblicklich der glücklichste Gänsehautträger den die Menschheit bis dahin gesehen hatte. Dieses Moor, mit seinen stachligen Heidekräutern, mannshohen Farnwäldern, bedrohlichen Sumpflöchern und majestätischen «Tors», hat mich auf einen Schlag mir selbst näher gebracht als es mein Bauchnabel jemals sein kann und meinen Kopf von allen Gedanken des Alltages aufs gründlichste befreit. Problembeladene Zeitgenossen sollten auf glücklose Therapieversuche verzichten und stattdessen in das knapp 650 km2 grosse Dartmoor reisen, um hier ihre ersehnte Heilung zu finden oder – wie viele naive Touristen – in ihm auf ewig zu versinken. Dieser Ort ist das beste Beispiel dafür, dass eine unwirtliche Gegend keinenfalls frei von Leben zu sein braucht. Das Dartmoor war bereits in der Bronzezeit «bewohnt». Im heutigen Nationalpark finden sich unzählige Siedlungsspuren, von geheimnisvollen Steinkreisen, über von der Natur zurück eroberte Steinbrüche und Kupferminen, bis hin zu den Grundmauern prähistorischer und mittelalterlicher Dörfer. Daneben weiden Schafe, Pferde, Kühe und Doyles «Hound of the Baskervilles» friedlich und befreit von Zäunen und Abschrankungen, inmitten der scheinbar unendlichen Wildnis. Dies ist der schönste Flecken Erde: Für Wanderer, Abenteurer, Märchenerzähler, Whiskytrinker oder einfach für Menschen, die eine weite, einsame Welt unter einem schnell ziehenden, windigen Wolkenhimmel über alles lieben – sprich: Für mich!
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