Bisher hielt ich die Quitte für ein schrecklich langweiliges Obst. Alle hartnäckigen Versuche besorgter Mitmenschen, mich mit Gelée, Chutney und Quittenkonfekt aus der heimischen Giftküche umstimmen zu können, fruchteten nicht. Ich blieb felsenfest der Überzeugung, dass nicht nur das gelbe, pelzig-fleckige Äussere wenig ansprechend sei, sondern fand auch ihren Geschmack bieder und nichtssagend. Deshalb hielt sich meine Begeisterung eher in Grenzen, als ich, nach einem Umzug meines Ateliers, vier Bäumchen im Vorgarten der neuen Adresse fand, die sich nach einem langen Sommer ächzend unter dem Gewicht unglaublich vieler Quitten bogen. Mit leichtem Grauen erfüllte mich der Gedanke, dass dieses ungeliebte Obst wohl auch geerntet und verarbeitet werden sollte, bevor es faul von den Ästen zu fallen drohte.
Böse Zungen werden nun behaupten, mir so gut wie alles schmackhaft machen zu können, sofern es alkoholhaltig sei. Auch wenn ich dem mit aller Entschiedenheit nicht widerspreche, erschien mir doch die rettende Idee meines geschätzten Atelierpartners, die Ernte unter zur Hilfenahme eines alten Familienrezeptes in Likör umzuwandeln, tatsächlich als das kleinste Übel. Und so wurden leere Fässer, volle Wodka-Flaschen und ganze Zuckerberge heran gekarrt; die Quitten geschrubbt, brachial zerteilt, wochenlang gerührt und schliesslich gefiltert. Ein mühsames, klebriges Unterfangen, dass mich in all meinen Vorurteilen noch bestärkte. Doch dann kam es wie es kommen musste – dann kam der erste, jungfräuliche Schluck und damit eine unmittelbare Erleuchtung: Ich wähnte mich im Quitten-Himmel, schwebte durch einen sonnendurchfluteten Herbst-Garten und landete sanft auf einem Wölkchen honigsüsser Früchte. Was mir da im Glas wundervoll golden entgegen blitzte, war so unwiderstehlich liebreizend und süffig – ich würde dafür manchen Sauternes stehen lassen. Damit war die Quitte auf einen Schlag rehabilitiert und ich verbeuge mich auch heute noch in tiefer Zuneigung vor ihr.
Wer den «Original Stadtbärner Quittenlikör» nicht gekostet hat, dem fehlt – wohl oder übel – ein ganzer Kontinent in der Genusswelt. Bereit für eine verführerisch-süsse Neuentdeckung?
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